BVB ohne Mut, ohne Eier – aber mit reichlich Selbstanalyse
„Man muss mit Mut spielen, mit Eiern spielen“, wurde nach dem Spiel erklärt – und ganz Fußball-Deutschland nickte andächtig. Denn ja, Eier wären gut gewesen. Oder wenigstens eine Andeutung davon. Stattdessen sah man elf Dortmunder, die kollektiv beschlossen hatten, das Prinzip „Zweikampf“ als überbewertete, toxische Männlichkeitsgeste aus dem letzten Jahrhundert zu behandeln. Man spielte lieber „Vermeide den Kontakt“, das wohl sanfteste Ballvermeidungsprogramm der Bundesliga.
Die Bayern hingegen hatten erkennbar Spaß an diesem Arrangement. Sie liefen, passten, trafen – kurz: sie spielten Fußball. Währenddessen stand der BVB auf dem Feld wie jemand, der zum Bewerbungsgespräch im falschen Gebäude gelandet ist und sich nicht traut, zu fragen, wo er eigentlich hinmuss.
Kein Torschuss in der ersten Halbzeit – das klingt fast wie ein Rekordversuch in Minimalismus. Vielleicht wollte man ja ein Zeichen setzen, ein Statement gegen den Leistungsdruck im Profifußball. „Wir wollen einfach mal nicht treffen, um uns selbst zu finden“, könnte die Botschaft gewesen sein.
Nach der Pause dann die große Wendung – oder sagen wir: der Versuch einer Wendung. Plötzlich waren sie da, die Dortmunder, jetzt mit Bewegung, Energie und vielleicht sogar einem Funken Motivation. Es war, als hätte jemand in der Kabine den WLAN-Router neu gestartet. Man spielte nun tatsächlich nach vorne, hatte Chancen, ja, fast so, als wäre Fußball wieder erlaubt.
„In der zweiten Halbzeit waren wir besser als die Bayern“, hieß es später stolz. Das klang allerdings ein bisschen so, als würde jemand nach einem missglückten Date sagen: „Aber beim Abschied hab ich immerhin freundlich gewunken.“
Denn am Ende blieb es beim 1:2, also bei der Erkenntnis, dass der BVB sich in München erneut selbst analysiert, aber nicht verbessert hat. Man spricht über Mut, über Eier, über Einstellung – aber irgendwie nie über Punkte. Vielleicht, weil die schon zu Beginn verloren gingen, als man sich für die erste Halbzeit kollektiv unsichtbar machte.
In Dortmund dürfte man nun wieder den „positiven Ansatz“ betonen. Man war ja in Hälfte zwei „gut im Spiel“, man habe „Charakter gezeigt“ und „Erkenntnisse gesammelt“. Das klingt dann immer, als sei Fußball eine wissenschaftliche Studie über das menschliche Scheitern unter Flutlichtbedingungen.
Vielleicht ist das das wahre Erfolgsgeheimnis des BVB: immer gerade so verlieren, dass man danach noch kluge Dinge darüber sagen kann. München hat gewonnen – aber Dortmund hat reflektiert. Und das ist doch auch was.
Fazit: Mutlosigkeit als Kunstform, Zweikämpfe als Gerücht – und am Ende ein stolzes „Wir waren in der zweiten Halbzeit nicht ganz so schlecht“. Wenn Selbstreflexion Punkte gäbe, der BVB wäre Tabellenführer.