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„Das Weiße Haus bekommt den goldenen Ballroom der Volksnähe“ – oder: Wenn der Bagger tanzen lernt

Washington, irgendwann zwischen Sonnenaufgang und Größenwahn: Ein Bagger frisst sich genüsslich in die ehrwürdige Fassade des Weißen Hauses. Es staubt, es dröhnt, es glitzert ein bisschen – denn dort, wo einst Geschichte geschrieben wurde, entsteht jetzt der vielleicht teuerste Tanzsaal der Welt. Offiziell, so heißt es, soll hier bald das „Zentrum für amerikanische Eleganz“ stehen. Inoffiziell: ein Ballsaal, so groß, dass selbst das Ego seines Bauherrn darin ein bisschen Platz hätte.

„Das Weiße Haus bekommt den goldenen Ballroom der Volksnähe“ – oder: Wenn der Bagger tanzen lernt

Natürlich handelt es sich – wie stets bei monumentalen Projekten im Dienste der Menschheit – um eine rein private Initiative. 250 Millionen Dollar, selbstverständlich aus privater Tasche. Und diese Tasche scheint eine Art schwarzes Loch für Großspurigkeit zu sein: Kein Staatshaushalt, kein Steuergeld, kein Problem. Nur pure, glitzernde, selbstlose Demokratie in Marmor und Blattgold gegossen.

Der Ostflügel, bislang Zufluchtsort für Meetings, Krisensitzungen und diplomatische Verzweiflung, wird dafür abgerissen. Warum? Weil der neue Saal Platz braucht – nicht für Staatsgäste, sondern für Kronleuchter, die größer sind als die Freiheitsstatue. Schließlich will man sich auch bei Staatsbanketten nicht mit Deckenlampen zufriedengeben, die unter 10.000 Watt bleiben.

Das Konzept: ein Ballsaal für die Massen – also die ausgewählte Masse. Geladen werden Menschen, die mindestens so glänzen wie der Bodenbelag. Statt Parkett soll übrigens Marmor aus einem geheimen Gebirge verlegt werden, das wahrscheinlich nur durch einen Tweet kartografiert wurde. Für den guten Ton sorgt ein Orchester, das auf Geheiß des Bauherrn ausschließlich Hymnen in Dur spielt – Moll gilt als defätistisch.

Kritiker, die behaupten, der Bauherr verhalte sich wie ein Monarch, wurden prompt eines Besseren belehrt. „Ich bin kein König“, hieß es, „ich bin nur ein Mann, der sein Volk tanzen sehen will – auf echtem Gold.“ Man könnte fast meinen, hier entstehe eine Art Versailles Reloaded – diesmal mit WLAN, Selfie-Ecke und obligatorischem „Make Ballroom Great Again“-Logo über der Bühne.

In der Bauleitung kursieren bereits Ideen für Erweiterungen: Eine Galerie der historischen Frisuren Amerikas, ein Infinity-Pool mit Blick auf die Lincoln-Statue und – für die mediale Unsterblichkeit – eine Live-Cam im Kronleuchter. Schließlich soll kein Moment vergeudet werden, in dem der Gastgeber seinen eigenen Spiegelbildern applaudiert.

Doch das Volk, so munkelt man, ist gespalten. Die einen sehen im Bagger das Symbol des Aufbruchs: Endlich ein Präsident, der wortwörtlich etwas niederreißt, um Großes zu schaffen! Die anderen erkennen darin das Sinnbild einer Nation, die gerade ihre eigene Geschichtsfassade abträgt – und durch ein Tanzparkett ersetzt, auf dem nur noch Scheinwerferglanz zählt.

Und während der Bagger weiter nagt, irgendwo zwischen Oval Office und architektonischem Größenwahn, bleibt die Frage: Wird hier tatsächlich Geschichte geschrieben – oder nur die Bauabrechnung verlängert? Sicher ist nur eines: Wenn der Ballsaal fertig ist, wird Amerika wieder ganz oben sein. Zumindest im Obergeschoss.

Ein Tanz auf dünnem Staatsparkett – aber hey, Hauptsache, der Soundtrack stimmt.