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Der Ausschuss der Ausschüsse – Jugendhilfe zwischen Wahlzettel und Wahnsinn

Am 14. September ist wieder Demokratie-Tag. Während draußen noch Plakate mit freundlichen Photoshop-Gesichtern die Laternenpfähle zieren, bereitet sich drinnen schon der nächste Exklusivclub vor: der Ausschuss für Kinder, Jugendliche und Familien. Ein Name so sperrig, dass er klingt, als wäre er direkt in einer Excel-Tabelle geboren worden.

Mission: Rettung der Jugend

Mission: Rettung der Jugend

Die Aufgaben sind hehr: Man will sich mit den „aktuellen Problemlagen junger Menschen“ befassen. Also Netflix-Sucht, TikTok-Überdosis und die uralte Frage, warum Mathe immer noch so kompliziert ist. Außerdem soll der Ausschuss die Jugendhilfe weiterentwickeln – vermutlich durch neue Arbeitskreise, noch dickere Sitzungsordner und mindestens ein Kick-off mit belegten Brötchen.

Zwei-Klassen-System: Wer darf sprechen, wer darf zählen?

Das Besondere an diesem Ausschuss ist seine demokratische Gymnastik: Es gibt stimmberechtigte Mitglieder und beratende Mitglieder. Die einen dürfen entscheiden, die anderen dürfen nur Kaffee trinken und „interessant“ murmeln.

Stimmberechtigt sind nur die Auserwählten – Kreistagsmitglieder und Leute, die offiziell „jugendhilfeerfahren“ sind. Woran man das erkennt? Vermutlich an grauen Haaren vom Kita-Bauausschuss oder daran, dass sie „Jugendhilfeplanung“ fehlerfrei buchstabieren können.

Die beratenden Mitglieder hingegen werden von Institutionen geschickt. Sie dürfen zwar Vorschläge machen, sind aber ungefähr so einflussreich wie das Publikum bei „Deutschland sucht den Superstar“. Man darf klatschen, aber nicht mitentscheiden.

Die große Lotterie der Vorschläge

Damit der Ausschuss nicht ganz zum Seniorenstammtisch verkommt, dürfen auch Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Jugendgemeinschaften und sonstige Initiativen Leute vorschlagen. Sprich: Vom Ministrantenverein bis zum Kaninchenzüchter-Club kann jeder jemanden nominieren, solange er das Zauberwort „Jugendhilfe“ in den Mund nimmt.

Und weil Bürokratie sexy ist, hat jedes Mitglied noch eine Vertretung. Das heißt: Für jeden, der im Ausschuss sitzt, gibt es einen Schattenmann oder eine Schattenfrau, die bereitsteht, falls der eigentliche Demokrat gerade im Urlaub ist.

Das Amt bittet höflich zur Casting-Show

Das Amt für Jugend und Bildung hat nun alle Träger der freien Jugendhilfe im Kreis schriftlich aufgefordert, ihre besten Kandidaten bis zum 19. September einzureichen. Ein bisschen klingt das wie „Germany’s Next Top Jugendvertreter“: Wer mitmacht, bekommt ein Ticket zum politischen Laufsteg – wer nicht, darf sich später nicht beschweren, dass die Beschlüsse wieder nach Filterkaffee schmecken.

Sollte jemand die Einladung verpasst haben, reicht es, beim Amt anzurufen oder einen Brief zu schicken. Am besten auf DIN A4, mit Stempel und dreifacher Ausfertigung, sonst landet das Ganze vermutlich direkt im Altpapier.

Ausschuss deluxe

So entsteht am Ende ein Gremium, das über Kinder und Jugendliche berät, während Kinder und Jugendliche selbst zuhause auf Instagram unterwegs sind. Doch keine Sorge: Mit so viel Erfahrung, so vielen Unterausschüssen und so vielen Stellvertretern wird es garantiert gelingen, das Wichtigste für die junge Generation zu sichern – noch mehr Sitzungen.