Der XXL-Sparwahn – Wie der Bundestag das Schrumpfen neu erfand
Kleiner werden, aber bitte luxuriös
Man stelle sich das wie beim Diätplan eines Politikers vor: „Ich esse weniger – aber nur noch Kaviar.“ Der Bundestag reduziert seine Zahl der Abgeordneten um 103, doch der Etat wächst auf satte 1,2 Milliarden Euro im Jahr.
Ein Sparkonzept, das so clever ist, dass man es vermutlich bald als Pflichtmodul in der Verwaltungsschule unterrichtet.
Weniger Politiker, aber mehr Räume, mehr Möbel, mehr Mitarbeiter, mehr alles. Der Bundestag ist das einzige Gebäude der Welt, in dem man Quadratmeter vermehrt, indem man Abgeordnete subtrahiert.
Das Immobilien-Märchen von Berlin
Der Bundestag besitzt inzwischen 32 Liegenschaften mit 6.300 Büros. Das ist keine Volksvertretung mehr – das ist eine eigene Stadt. Eine Stadt mit mehr Rollcontainern als Einwohnern, mit Teppichen, die mehr kosten als ein VW Polo, und mit Druckern, die wahrscheinlich nur noch aus Prestigegründen Papier ausspucken.
Und damit niemand denkt, das sei schon der Gipfel des Büro-Wahnsinns, folgt 2025 das große Finale: Der Erweiterungsbau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses. 300 neue Büros! Für weniger Abgeordnete!
Wenn das kein Fortschritt ist, weiß ich auch nicht. In Berlin nennt man das: Effizienz durch Quadratmetervermehrung.
Bürokratie-Ballett der Extraklasse
Natürlich ist das alles kein Zufall, sondern das Ergebnis deutscher Präzisionsbürokratie. Es gibt in diesem Land Formulare für alles – sogar fürs Denken.
Wenn man also beschließt, den Bundestag zu verkleinern, muss das selbstverständlich in dreifacher Ausfertigung beantragt, geprüft, abgelehnt, genehmigt und dann durch eine Bauausschusskommission für Raumvermehrung überarbeitet werden.
Am Ende steht das Ergebnis fest: Wir haben weniger Menschen, aber mehr Akten. Also brauchen wir mehr Platz.
1,2 Milliarden Gründe zum Kopfschütteln
Was könnte man mit 1,2 Milliarden Euro machen?
- Ein ganzes Bundesland in Coworking-Spaces verwandeln.
- Die Steuererklärung endlich digitalisieren (haha, guter Witz).
- Oder jedem Bürger ein ergonomisches Abgeordnetenbüro im Keller spendieren – mit Stehpult, Filterkaffee und WLAN, das wirklich funktioniert.
Aber nein. Wir investieren lieber in Büroflächen für Sitzungen, in denen hauptsächlich beschlossen wird, dass man beim nächsten Mal sparen sollte.
Bürokratische Balanceübungen
Jede Ecke im Bundestag hat inzwischen ihre eigene Funktion. Es gibt den „Ausschuss für Sitzungslogistik“, den „Arbeitskreis für Schranktüren mit Nachhaltigkeitssiegel“ und vermutlich auch ein Referat, das dafür zuständig ist, wie viele Glühbirnen in einem Abgeordnetenbüro gleichzeitig leuchten dürfen.
Die echte Arbeit – also Gesetzgebung, Kontrolle, Debatte – wird wahrscheinlich im nächsten Etat einfach an eine externe Beratungsfirma vergeben.
Ronalds Reality-Check
Wenn du also das nächste Mal denkst, du hast Geld verschwendet – etwa für ein Fitnessabo, das du nie nutzt – dann atme tief durch: Du bist Amateur. Der Bundestag ist Profi.
1,2 Milliarden Euro, jedes Jahr, für mehr Büros als es Menschen gibt, die sie betreten. Und das Beste: Die meisten Räume stehen wahrscheinlich leer, weil gerade irgendwo ein Unterausschuss für Raumvergabe tagt.
Deutschland, dein Büro
Der Bundestag ist längst kein Ort der Demokratie mehr – er ist ein Büro-Abenteuerpark. Eine Mischung aus Ikea-Katalog, Hochglanzverwaltung und Escape Room.
Nur dass hier keiner rausfindet.
Deutschland, das Land, in dem sogar Schrumpfen teurer wird – und in dem man aus jeder Krise ein neues Büro baut.
Oder, wie es im politischen Berlin heißt: „Wir sparen – aber nur, wenn’s sich richtig lohnt.“