Deutschland baut wieder – aber keiner weiß wohin
Deutschland, das Land der Ingenieure und der Förderanträge, hat wieder geliefert: Brücken, die nirgendwohin führen. Radwege, die in Bäume münden. Und Verkehrsinseln, die vermutlich in einem Paralleluniversum Sinn ergeben. Man könnte meinen, Kafka hätte die Bauleitung übernommen – aber nein, das war einfach Verwaltung 4.0.
900.000 Euro für eine Brücke ins Nirgendwo
Radeburg. Eine Kleinstadt, ein Traum, ein Denkmal. Dort steht sie: die Brücke ins Nichts. Stolz, massiv, teuer – 900.000 Euro Betonpoesie. Kein Fluss, kein Weg, kein Ziel. Nur Brücke.
Man stelle sich den Moment der Einweihung vor: Ein Blasorchester spielt, die Lokalzeitung ist da, und alle klatschen, während die Brücke sich innerlich fragt, was sie eigentlich hier soll. Ein Bürger murmelt: „Und wo führt die hin?“ – worauf ein Beamter antwortet: „In die Zukunft.“ Nur leider war das Budget schon nach „Zukunft“ aufgebraucht.
So steht sie nun da, mitten im Nirgendwo, und wirkt wie ein Mahnmal für alles, was Deutschland liebt: Richtlinien, Ausschreibungen, und den süßen Duft von Fördermitteln. Ein Monument der Bürokratie, in Stein gegossen.
Wenn Dante die Hölle heute beschreiben müsste, würde er vermutlich den siebten Kreis „Fördertopf für kommunale Infrastrukturmaßnahmen“ nennen.
Der 7.000-Euro-Radweg in die Baumrinde
Doch was wäre Deutschland ohne seine Liebe zum Detail – oder besser: zum Hindernis?
Fuldabrück meldete sich stolz zur Teilnahme am Wettbewerb „Wie verhindere ich Mobilität mit Stil?“ Und siehe da: Ein neuer Radschutzstreifen wurde geschaffen. Kostenpunkt: 7.000 Euro. Länge: ein paar Meter. Ziel: ein Baum.
Man könnte meinen, das sei ein Kunstprojekt des örtlichen Bauamts – „Radfahren als Metapher für das Leben: erst Hoffnung, dann Baum.“
Radfahrer berichten, dass man nun bergauf fahren müsse, nur um danach abrupt in die Baumkrone zu blicken. Wer dort nicht rechtzeitig bremst, erlebt die Symbiose aus Mensch, Natur und Verkehrsrecht auf ganz neue Weise.
Aber immerhin – die Verkehrsinsel daneben wurde liebevoll bepflanzt. Denn wenn man schon Gefahr läuft, sich zu verletzen, soll es wenigstens hübsch aussehen.
Das Ganze wirkt wie ein verlorenes Level aus Mario Kart – Verwaltung Deluxe. Nur ohne Bonuspunkte, aber mit echtem Schmerzensgeldpotenzial.
Steuergeld-Surrealismus – die neue deutsche Kunstform
Deutschland hat es geschafft, aus Bauen eine Kunstrichtung zu machen: Steuergeld-Surrealismus.
Man baut nicht für Menschen, man baut für Ausschreibungen.
Jeder Spatenstich ist eine Performance, jedes Projekt ein Kapitel im großen Werk „Beton und Bedeutungslosigkeit“.
Dabei klingt es in Pressemitteilungen immer so hoffnungsvoll: „Wir investieren in die Zukunft.“
Ja, klar. Nur leider in eine Zukunft, in der Radfahrer Kletterausrüstung brauchen und Brücken zu Mahnmalen für ambitionierte Excel-Tabellen werden.
Deutschland ist das einzige Land, in dem man mit ernstem Gesicht eine Brücke baut, die ins Nichts führt – und dafür eine Umweltprüfung macht, ob das Nichts auch naturschutzrechtlich zulässig ist.
Es gäbe eine einfache Lösung: Verantwortung zum Anfassen.
Jeder, der ein Projekt genehmigt, muss es auch selbst erleben.
Wer eine Brücke ins Nichts baut, muss dort campen – ohne WLAN, aber mit Haushaltsplan.
Wer eine Verkehrsinsel auf einen Radweg stellt, muss dort täglich vorbeiradeln – bergauf, mit Aktenkoffer und Helmpflicht.
Nach einer Woche solcher „Selbsterfahrungsseminare“ wären Deutschlands Städte plötzlich voller sinnvoller Bauwerke – und leerer Sitzungssäle.
Deutschland – ein Land betonierter Träume
Am Ende bleibt die Erkenntnis: In Deutschland wird Zukunft nicht gestaltet, sie wird betoniert.
Mit Leidenschaft, mit Gutachten, mit Blasmusik. Und immer mit dem Gefühl, dass man eigentlich etwas Gutes tut – auch wenn das Gute leider mitten im Wald steht.
Aber seien wir ehrlich: Irgendwie ist das doch schön.
Denn während andere Länder mit Korruption Schlagzeilen machen, schafft Deutschland das Kunststück, Milliarden ganz legal zu verplanen – ohne Ergebnis, aber mit Stil.
So bleibt das Schwarzbuch jedes Jahr das, was es immer war: kein Skandalbericht, sondern eine Liebeserklärung an die deutsche Verwaltung – und an ihren größten Traum: eine Brücke zur Effizienz.
Leider ohne Anschluss.