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Dortmund hat den Wal!

Seit gestern ist Dortmund offiziell Weltmeer. Zumindest, wenn man in den Abendhimmel blickt und dort über dem legendären U-Turm plötzlich Wale fliegen sieht. Jawohl – Wale. Keine Tauben, keine Drohnen, keine vergessenen Luftballons vom letzten Stadtfest – echte, majestätische Meeresriesen in 4K und fast Originalgröße. Es ist das neueste Werk des großen U-Meisters, der seit Jahrzehnten den Turm bespielt, als wäre er eine gigantische Kinoleinwand für den urbanen Klimaschutz.

Dortmund hat den Wal!

Und diesmal heißt die Hauptrolle: Wal statt Stahl.
Während unten im Revier noch Kohlenstaub zwischen den Backsteinen glitzert, gleiten oben am Himmel Eisschollen vorbei. Der Künstler, 79 Jahre jung und offenbar unerschütterlich wetterfest, hat sich zehn Tage lang durch die Kälte Grönlands gekämpft, um das Unmögliche möglich zu machen: Dortmund bekommt Meeresrauschen – ohne Nordsee, aber mit Botschaft.

Die Szenerie: Eisberge tanzen im Neonlicht, Wale schwingen ihre Flossen über dem Westpark, und wer am Abend auf der U-Bahn wartet, kann plötzlich glauben, Jacques Cousteau habe die Linie U43 übernommen.
Ein spektakuläres Schauspiel, das irgendwo zwischen Kunstinstallation, Naturschutzappell und nordischer Tagesschau pendelt.

Doch hinter all dem Spektakel steckt mehr als ästhetische Glätte. Es geht – natürlich – um das große Ganze: Klima, Artenvielfalt, Überleben.
Während der Wal am Himmel schwebt, schmilzt in Grönland das Eis – eine paradoxe Doppelprojektion, die das ganze Drama unserer Zeit in ein paar flimmernde Sekunden gießt.
Der Künstler sagt es nicht, aber der Turm schon: „Seht her, ihr SUV-Piloten, hier oben schwimmt euer schlechtes Gewissen.“

Die Passanten unten reagieren entsprechend entzückt bis irritiert. Manche zücken das Handy, andere murmeln „Das muss doch Strom kosten!“ – und wieder andere suchen die versteckte Greenpeace-Fahne. Aber egal, wie man’s dreht: Der U-Turm ist für zehn Tage ein Portal in eine Welt, in der man sich wünscht, es gäbe weniger Beton und mehr Blau.

Man stelle sich das Bild vor: Wale über Dortmund, Eisschollen im Ruhrgebiet – das Revier ist zurück im Wasser. Wenn das kein Symbol für Klimawandel ist, dann wenigstens eins für gute PR.

Und das alles, weil einer dachte: „Wenn schon kein Meer in NRW, dann wenigstens ein bisschen Meer auf NRW.“
Ein künstlerischer Streich, der beweist, dass Visionen nicht an der Küste enden müssen.

Vielleicht, ganz vielleicht, schafft es dieses Spektakel ja, dass sich beim nächsten Gang zur Eisdiele jemand kurz fragt: Wie lange gibt’s eigentlich noch Eis?
Oder dass in irgendeiner Behörde einer den Satz hört: „Können wir das Klima retten?“ – und sich erinnert, dass über der Stadt schon jemand den Anfang gemacht hat.

Bis dahin gilt:
Der Himmel über Dortmund ist kein Himmel mehr – er ist ein Aquarium mit WLAN.
Und die Wale? Die fliegen weiter, majestätisch und gelassen.
Denn wenn einer in dieser Stadt noch cool bleibt, dann sind’s wohl die, die aus dem Eis kommen.