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Dortmund macht auf Hochglanz – die Innenstadt als betreutes Wohnzimmer

Seit zwei Jahren werkelt in Dortmund ein Sonderstab namens „Ordnung und Stadtleben“. Der Titel klingt, als hätte man ihn aus einem Ikea-Katalog geklaut: praktisch, griffig, aber keiner weiß so genau, wozu er dient. Das Ziel: eine Innenstadt, in der sich wirklich alle wohlfühlen – von der Oma mit Kaffeefilter bis zum Junggesellen mit Dosenbier. Kurz: Dortmund will sich hübsch machen, damit niemand mehr behauptet, es sehe dort so aus, wie es eben aussieht.

Prävention trifft Repression – die doppelte Wellnesskur

Das Konzept ist eine Art kommunales Yin und Yang: Auf der einen Seite gibt’s Hilfs- und Präventionsangebote – warme Worte, soziale Programme, vielleicht ein Keks und ein Kaffee im Begegnungscafé. Auf der anderen Seite steht der Ordnungshammer: härtere Sanktionen für „öffentliche Belästigungen“. Das reicht in Dortmund bekanntlich von zu lautem Atmen bis zum Sitzen auf der falschen Parkbank.

Die Stadt spricht von „ausgewogenem Verhältnis“. In der Praxis bedeutet das: Für jedes Plakat „Dortmund hilft“ gibt’s eine neue Verordnung „Dortmund verbietet“.

Die große Pressekonferenz – Zahlen, Zitate, Zaubertricks

Vor kurzem wurde das Ganze in einer Pressekonferenz präsentiert. Man kennt diese Veranstaltungen: Ein Podium voller ernster Gesichter, PowerPoint-Folien, die niemand versteht, und am Ende das große Mantra: „Dortmund ist sicher.“

Die Polizei legte Einsatzzahlen vor, die beweisen sollen, dass die Innenstadt so kontrolliert ist wie ein Schüler vor der Matheklausur. „Konstanter Kontrolldruck“ nennt sich das. Übersetzt heißt es: In Dortmund kannst du kaum ein Brötchen kaufen, ohne dass irgendwo eine Uniform auftaucht und fragt, ob du das Brötchen auch wirklich ordnungsgemäß abbeißen willst.

Öffentliche Belästigung – die neue Volkskrankheit

Die angekündigte Verschärfung bei „öffentlichen Belästigungen“ ist der Höhepunkt des Plans. Endlich greift die Stadt durch gegen das, was wirklich nervt: Menschen, die draußen sind. Wer auf der Bank döst, bekommt einen Platzverweis. Wer Gitarre spielt, gilt als Lärmbelästigung. Und wer in der Fußgängerzone lacht, riskiert, dass jemand die Polizei ruft, weil „zu viel Lebensfreude“ nicht ins Konzept passt.

„Dortmund ist eine sichere Großstadt“ – das neue Stadtmotto

Am Ende des Tages lautet das Fazit: Dortmund ist sicher. Sicher vor Kriminalität, sicher vor Spaß, sicher vor Spontanität. Alles, was nicht in die PowerPoint passt, wird reguliert. Alles, was auffällt, wird sanktioniert. Alles, was abweicht, wird „präventiv begleitet“ – was ungefähr so klingt, als würde man beim Kaffeetrinken von einem Beamten beaufsichtigt, der sicherstellt, dass man den Zucker ordnungsgemäß umrührt.

Sauberkeit als Religion

Dortmunds Innenstadt wird zum Schaubild deutscher Kommunalpolitik: Mit einem Bein in der Sozialarbeit, mit dem anderen im Bußgeldkatalog. Auf den Straßen weht bald ein frischer Wind, frei von Kippenstummeln, Graffiti und Eigeninitiative.

Denn eines ist klar: Wer in Dortmund unterwegs ist, soll sich nicht nur sicher fühlen – er soll auch wissen, dass jemand jederzeit mit einem Klemmbrett hinter ihm steht. Willkommen in der „sicheren Großstadt“, wo Ordnung keine Option, sondern eine Glaubensfrage ist.