Europa gegen TikTok – Wenn Brüssel das Internet erzieht und keiner das Passwort weiß
Die EU will strengere Regeln für Plattformen wie TikTok, Instagram und Facebook – jene Orte, an denen Jugendliche täglich zwischen Tanzvideos, Filter-Gesichtern und Verschwörungsküchen ihre Freizeit verbringen. Ziel ist klar: Jugendschutz! Oder zumindest der Versuch, so auszusehen, als hätte man alles im Griff, während man selbst noch nicht weiß, wie man ein GIF verschickt.
Die Botschaft lautet: Kinder sollen geschützt werden – vor Inhalten, Algorithmen und vermutlich auch vor der Erkenntnis, dass Erwachsene das Internet erfunden haben und es jetzt nicht mehr verstehen. Deshalb diskutiert man nun über ein europaweites Mindestalter für soziale Medien. Australien mache es vor, heißt es. Dort darf man erst ab 16 TikTok tanzen und Facebook-Beiträge über seine Katze posten. Europa findet das spannend – und denkt laut über eine eigene Verifizierungs-App nach, um das Alter zu prüfen.
Ja, richtig gehört: Eine App, die sicherstellt, dass nur echte Erwachsene sich peinliche Urlaubsfotos hochladen dürfen. Natürlich soll sie „europäisch“ sein, also mit Datenschutz, Transparenz und einem 42-seitigen Zustimmungsdialog. Der typische Ablauf dürfte so aussehen:
- App herunterladen.
- 18 Checkboxen abhaken.
- Gesicht scannen, Ausweis hochladen, Blutgruppe eingeben.
- Fehlermeldung: „Server überlastet – bitte versuchen Sie es in 14 Tagen erneut.“
Aber immerhin: Das Vorhaben klingt nach Fortschritt – oder zumindest nach Fortschrittssimulation. Denn während Brüssel über digitale Erziehung philosophiert, bestehen die Mitgliedsstaaten darauf, „nationale Zuständigkeiten“ zu behalten. Heißt übersetzt: Jeder will selbst bestimmen, wie er seine Jugendlichen vom Internet fernhält – oder zumindest so tut, als täte er es.
Frankreich möchte vermutlich eine App mit Gesichtserkennung, Deutschland eine mit Datenschutzbeauftragtem, Italien eine, die sich nach 17 Uhr in die Pause verabschiedet. Und irgendwo in Osteuropa wird ein Premierminister erklären, dass TikTok ohnehin von Außerirdischen kontrolliert wird.
Eine Expertengruppe soll nun bis Jahresende beraten, wie Europa die digitale Pubertät in den Griff bekommt. Vermutlich wird sie empfehlen, dass Kinder statt TikTok lieber „europäische Alternativen“ nutzen – etwa „EUtok“ oder „BrusselBook“. Nutzerzahlen: zwei Kommissare und ein einsamer Praktikant.
Bis dahin bleibt alles wie gehabt: Politiker posten auf Twitter (oder X, oder wie auch immer es morgen heißt), Jugendliche scrollen weiter durch ihre Feeds – und irgendwo in Brüssel arbeitet ein Server bereits an der ersten Fehlermeldung der neuen Alters-App.