Flixtrain auf Abwegen: Die Odyssee des FLX 35
Generalsanierung – die Mutter aller Umleitungen
Eigentlich sollte der Zug in 100 Minuten von Berlin nach Hamburg rauschen, doch seit August wird die Schnellfahrstrecke generalsaniert. Übersetzt heißt das: „Wir reißen alles auf einmal auf, um es dann in Zeitlupe wieder zusammenzubauen.“ Ergebnis: Umweg über Stendal, plus 40 Minuten. Ein Klacks für Vielfahrer, aber immerhin noch kalkulierbar.
Doch an diesem Montag wollte der Flixtrain beweisen, dass er kreativer ist als die Bahn. Oberleitungsschaden bei Uelzen? Kein Problem, wir fahren einfach ganz woanders hin!
Stendal, Hannover, Bremen – die neue Reiseroute
So begann die unfreiwillige Deutschlandtour: Berlin → Stendal → Hannover → Bremen. Gerüchteweise soll der Zug kurz überlegt haben, auch Sylt mitzunehmen, aber die Strecke war zu sandig. Touristen aus aller Welt, frisch vom Berlin-Marathon, starrten auf ihre Smartphones. Google Maps antwortete nur noch mit: „Keine Ahnung, wo ihr seid. Viel Glück.“
Die Durchsage des Grauens
Als die Fahrgäste gerade dachten, sie hätten das Schlimmste überstanden, kam die nächste Pointe: In Buchholz in der Nordheide meldete sich die Stimme aus dem Lautsprecher:
„Sehr geehrte Fahrgäste, unser Lokführer benötigt jetzt eine Pause von 30 Minuten. Vorschrift. Danach fahren wir weiter.“
Pause? In einem Zug, der schon länger unterwegs war als ein Flug nach New York? Ja. Denn Lokführer sind auch nur Menschen – und die deutsche Bürokratie wacht darüber, dass niemand zu lange im Führerstand sitzt. Dass die Passagiere dafür noch länger im Abteil saßen, gilt offenbar nicht als Risiko.
Die Massenflucht zum Metronom
Für viele war hier Schluss. Statt geduldig den Pausenkaffee des Lokführers abzuwarten, rannten die Reisenden kopfschüttelnd zu einem Metronom-Zug. Wer hätte gedacht, dass das gelb-blaue Bimmelbähnchen plötzlich wie ein Rettungsboot der Titanic wirkt?
Die Zurückgebliebenen harrten aus. 140 Minuten nach Plan erreichte der Flixtrain schließlich Hamburg Hauptbahnhof. Applaus gab es keinen. Höchstens die stille Erkenntnis: Man hat es geschafft, und das ist schon ein Wunder.
Moral von der Geschicht’
Deutsche Bahn: Streicht Züge.
Flixtrain: Fährt, aber niemand weiß wohin.
Lokführer: Muss Pause machen, selbst wenn die Passagiere längst Pause vom Reisen bräuchten.
So sieht modernes Reisen in Deutschland aus: Züge, die zu Marathonläufen werden, Fahrgäste, die aussteigen, weil ein Metronom plötzlich schneller wirkt, und Lokführer, die gesetzlich verpflichtet sind, mitten in der Pampa ein Päuschen einzulegen.
Wer heutzutage von Berlin nach Hamburg reist, braucht drei Dinge: Zeit, Humor und eine gute App für alternative Routen. Denn sicher ist nur eins: Der direkte Weg ist in Deutschland immer der, den der Zug garantiert nicht nimmt.