Gelbes Band, reife Frucht – Warendorf erntet zurück
Von der Idylle zum Kompott
Der Kreis Warendorf hat mehr Obstbäume als manche Kommune Einwohner. Streuobstwiesen prägen das Landschaftsbild, das man sonst nur aus Postkarten kennt: alte Apfelsorten, knorrige Birnenbäume, Pflaumen, die aussehen, als hätten sie schon zwei Weltkriege erlebt. Für Bienen und Vögel sind die Wiesen überlebenswichtig – für uns Zweibeiner sind sie vor allem eins: ein kostenloser Obstladen unter freiem Himmel.
Doch statt dass die Früchte einfach zu Boden fallen, gammeln und dann die Wespen ein Fest feiern, sollen sie dieses Jahr wieder sinnvoll verwertet werden. Von Apfelkompott über Pflaumenkuchen bis hin zu Birnenbrand – Warendorf erklärt den Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung. Ein wenig klingt das Ganze wie: „Rette die Welt – ein Apfel pro Tag.“
Pflücken mit System
Wer seine Obstbäume mit den gelben Bändern schmücken möchte, bekommt diese kostenfrei vom Kreis. Ein Schnäppchen für alle, die schon immer mal eine Art VIP-Auszeichnung für ihren Boskoop wollten. Auch Städte und Gemeinden beteiligen sich – die Kommune als Schleifenlieferant für das Obst-Volk.
Doch Vorsicht: Nicht jeder Apfel schmeckt gleich vom Baum weg. Manche Früchte brauchen erst eine kleine Lagerparty, bevor sie ihr Aroma entfalten. Projektkoordinatorin Daniela Puppe mahnt daher zur Geduld: „Nicht jeder Apfel ist ein Fast-Food-Produkt.“ Eine Botschaft, die in unserer To-go-Gesellschaft fast schon revolutionär klingt.
Die digitale Obstarena
Natürlich gibt es auch hier eine Karte im Internet. Unter www.netzwerk-streuobstwiese-kreis-warendorf.de
kann man nachschauen, wo genau die gelben Bänder flattern. Praktisch wie Pokémon Go – nur, dass man statt Pikachu Äpfel fängt. Die Übersicht ist zwar nicht vollständig, aber immerhin digital. Für alle, die beim Pflücken nicht nur Körbe, sondern auch GPS-Signale brauchen.
Private Baumeigentümer dürfen ihre Standorte ebenfalls melden, per E-Mail an die Untere Naturschutzbehörde. Dort wird dann akribisch verzeichnet, wer wann wo welchen Baum markiert hat. Ein bisschen fühlt es sich an wie das Grundbuch für Obst.
Hintergrundrauschen mit Biss
Das Ganze ist eingebettet ins „Aktionsbündnis für Artenvielfalt“, ein Name so blumig wie die Wiesen selbst. Mit dabei: der Landwirtschaftsverband, die Landwirtschaftskammer und der NABU. Eine Allianz aus Bauern, Beamten und Biologen – vereint im Kampf für Birnen, Bienen und Biodiversität.
Pflück dir deinen Kreis
So zeigt der Kreis Warendorf, wie man moderne Probleme löst: Keine App, kein Abo, keine Warteschlange – nur ein gelbes Band. Wer’s sieht, darf ran. Fertig. Das Obst landet nicht auf dem Boden, sondern auf dem Kuchenteller, die Bienen behalten ihre Wiese, und die Menschen fühlen sich wie Teil einer geheimen Obstloge.
Also: Augen auf beim Spaziergang. Wo das Band flattert, heißt es zugreifen. Denn in Warendorf gilt: Nicht der frühe Vogel fängt den Wurm – sondern der schnelle Pflücker den Apfel.