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Gelsenkirchen wählt – zwischen Schrottimmobilie und Schicksalsdrama

Es gibt Tage, an denen man in Gelsenkirchen denkt: „Schlimmer kann’s nicht werden.“ Und dann kommt eine Kommunalwahl, die zeigt – doch, es geht.

Ruhrpott-Romantik trifft Realitäts-Check

Während in Berlin über globale Krisen sinniert wird, entscheidet sich im Ruhrpott, ob man in Zukunft im Rathaus eher Currywurst oder Sauerkraut serviert bekommt. Heute also Stichwahl in Gelsenkirchen, und das Land schaut gebannt zu, als wäre es das Staffelfinale einer Reality-Show: „Deutschland sucht den Oberbürgermeister“.

Ruhrpott-Romantik trifft Realitäts-Check

Von außen betrachtet wirkt die Stadt fast idyllisch: ein paar Cafés, Leute schlendern durch die Innenstadt. Aber wer genauer hinsieht, erkennt das wahre Gesicht: Leerstände, Armut und Häuser, die aussehen, als hätten sie den Zweiten Weltkrieg direkt nach der Wiedervereinigung überlebt.

SPD gegen AfD – das klingt nach politischem Schwergewichtskampf, in Wahrheit ist es eher Wrestling im Planschbecken. Die einst ewige SPD-Hochburg wankt wie ein alter Bergmann nach der Nachtschicht. Die AfD wittert Morgenluft und träumt vom ersten Rathaus-Sieg im Westen – ganz ohne Kohle, dafür mit viel Kohldampf.

Der Wähler im Zwiespalt

Ein Teil der Menschen setzt auf den Klassiker: „SPD, die machen das schon – irgendwie.“ Andere sagen: „Alles Mist, dann halt AfD.“ Und wieder andere bleiben einfach zu Hause, weil Netflix weniger Nerven kostet.

Die Gründe? Vielschichtig wie ein Döner mit alles: Arbeitslosigkeit, Armut, gefühlte Überfremdung, explodierende Mieten trotz leerer Buden. Gelsenkirchen ist die Stadt, in der Armut nicht nur bleibt, sondern auch Freunde mitbringt. Sozialarbeiter sprechen schon von einem „magnetischen Effekt“. Kurz: Wer wenig hat, zieht dahin, wo alle wenig haben.

Zwischen Streetwork und Schrottimmobilie

Während Streetworker Spritzen verteilen und versuchen, Depressionen mit warmen Worten und noch wärmeren Suppen zu bekämpfen, greift die Stadt zur Brechstange: Schrottimmobilien werden aufgekauft, um Platz für „Kulturprojekte“ zu schaffen. Klingt fancy, bedeutet aber oft: ein leerer Laden wird mit einer Malgruppe gefüllt, die so lange bleibt, bis der Putz von der Decke rieselt.

Ein Buchhändler kämpft derweil gegen die kollektive Resignation. Sein Motto: „Gelsenkirchen hat Chancen!“ – was ungefähr so klingt, als würde man bei einem Lottoschein mit sechs Richtigen sagen: „Die Quoten sind schwierig, aber man darf die Hoffnung nicht verlieren.“

Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit – und andere Märchen

Im Wahlkampf klingen beide Kandidaten wie frisch polierte Märchenonkel: Der eine will „solide Finanzen“, der andere „Versöhnung einer gespaltenen Gesellschaft“. Übersetzt heißt das: Der eine kürzt demnächst beim Blumenschmuck, der andere verteilt warme Worte wie Wahlplakate.

Die Bürgerinnen und Bürger sollen entscheiden: Wird Gelsenkirchen von einem Bankkaufmann regiert, der Haushaltszahlen sortiert wie Briefmarken – oder von einer Kandidatin, die die Stadtgesellschaft zusammenkleben will wie ein kaputtes Panini-Album?

Der Rest von NRW macht’s auch nicht besser

Die Grünen? Verluste. Klimathemen? Momentan ungefähr so populär wie Sand im Schwimmbad. In Köln und Bonn stolpern die Kandidaten in Stichwahlen, während die CDU im Land jubelt wie nach einem gewonnenen Derby.

Alle beteuern: Eine „Brandmauer“ müsse her. Gegen wen? Gegen die AfD. Blöd nur, dass die Mauer in manchen Wahlkabinen Löcher hat, groß genug, um mit einem Bollerwagen voller Proteststimmen durchzufahren.

Gelsenkirchen steht vor einer Wahl, die weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlt. Für die einen ein Hilferuf, für die anderen eine Drohung. Für alle aber ein Reminder: Politik im Ruhrgebiet ist kein Feierabendbier, sondern ein Cocktail aus Frust, Hoffnung und Resignation.

Kurz gesagt: Wer heute gewinnt, darf fünf Jahre lang beweisen, dass man mit Schrottimmobilien, Suppenküchen und Wahlversprechen tatsächlich eine Zukunft bauen kann. Und falls nicht, gibt’s in fünf Jahren eben die nächste Staffel: „Oberbürgermeister gesucht – Reloaded“.