Grüne Welle auf dem August-Wessing-Damm
Die Polizei aber hat ein Gespür für Timing. Kaum rollt der Wagen vorbei, da machen Blaulicht und Streifenwagen den Auftritt. Und siehe da: Der Fahrer stand unter dem Einfluss von Cannabis. Einmal mehr die Erkenntnis: Wer denkt, dass er nach einem Joint sicherer fährt, weil er plötzlich den Sicherheitsabstand zur Milchstraße einhält, hat die Rechnung ohne die Polizei gemacht.
Die Szene dürfte in etwa so ausgesehen haben: Der Fahrer tuckert mit 32 km/h durch die 50er-Zone, völlig überzeugt davon, dass er gerade Formel 1 fährt. Währenddessen spielt die Stereoanlage Bob Marley in Dauerschleife, und im Handschuhfach liegt noch der Einkaufszettel mit den Worten „Chips, Schokolade, Gummibärchen“. Auffällig wurde er wohl spätestens, als er minutenlang vor einer roten Ampel stand, die schon längst auf Grün gewechselt hatte – weil er das Schauspiel der blinkenden Laternen so faszinierend fand.
Die Beamten schritten also ein. Routinekontrolle, Fahrzeug gestoppt, die übliche Frage: „Haben Sie etwas konsumiert?“ Und der Fahrer, innerlich noch im Mondorbit, antwortet vermutlich mit einem tiefen, philosophischen „Was ist eigentlich Konsum?“ – ein Satz, der in Warendorf um diese Uhrzeit eher selten fällt.
Natürlich folgte das Standardprogramm: Mitkommen, Blutprobe, Aktenzeichen. Das Führerschein-Schicksal hängt nun am seidenen Faden, oder besser gesagt: am Teststreifen im Labor. Für die Polizei ist es ein Fall von „gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“, für den Fahrer vermutlich „einfach ein bisschen chillen auf dem Asphalt“.
Die Geschichte zeigt aber auch die Ambivalenz unserer modernen Gesellschaft. Tagsüber wird Cannabis in Berlin im Bundestag als Genussmittel diskutiert, nachts in Warendorf bleibt es die Eintrittskarte für eine kostenlose Polizeifahrt. Der Fahrer könnte also argumentieren, er habe lediglich ein politisches Pilotprojekt getestet. Die Polizei dagegen sah das Ganze eher als Episode von „Tatort: Gras im Tank“.
Dass es am Ende keine spektakuläre Verfolgungsjagd mit quietschenden Reifen und explodierenden Mülltonnen gab, liegt wohl daran, dass der Fahrer nicht mal auf die Idee kam, Gas zu geben. Stattdessen parkte er brav am Straßenrand, vermutlich in der Überzeugung, er hätte das Auto gerade in einem Drive-In abgestellt.
Warendorf hat wieder eine kleine Anekdote für die Polizeipresse. Der Fahrer hat eine große Geschichte für seine Kumpels – sobald er aus der Starre löst und das Bluttestergebnis vorliegt. Und der August-Wessing-Damm? Der bleibt, was er immer war: eine Straße, die plötzlich berühmt wird, wenn einer glaubt, dass man mit Cannabis im Blut den Verkehr besser versteht.