Meißen wählt, und die Porzellanstadt serviert Politik im XXL-Format
Mit satten 58,5 Prozent legte der Verwaltungsfachmann aus dem Rathaus einen Sieg hin, der so deutlich war, dass selbst der Wahlleiter einen Moment lang prüfte, ob er sich nicht in der Kommastelle vertan hatte. Währenddessen schrumpften die Rivalen auf Zierfisch-Größe: Der Kandidat mit dem markanten Bart, der jahrelang mehr Schlagzeilen als Lösungen produzierte, kam nur auf 30,43 Prozent. Und der Liberale? Der wurde mit 11,07 Prozent glatt zur Fußnote im kommunalpolitischen Märchenbuch – eine Art dekorativer Beistelltisch im Möbelhaus der Demokratie.
Rathaus-Drama in drei Akten
Um 19:10 Uhr war das Schicksal besiegelt. Im Rathaussaal – halb Festhalle, halb Seniorenclub – rauschte der frisch Gewählte herein, als sei er der Stargast auf einer Tupperparty. Tosender Applaus, gefolgt von einem „Ich bin überwältigt!“ – das obligatorische Polit-Mantra, irgendwo zwischen echtem Staunen und geübtem Karaoke.
Die Pointe: „Es ist unglaublich, dass man im ersten Wahlgang noch gewinnen kann.“ Tatsächlich, wer hätte das gedacht: Demokratie funktioniert, wenn man nicht das halbe Wahlprogramm in der Redaktion einer obskuren Zeitschrift drehen lässt.
Der Bart, der zu schwer wog
Noch vor wenigen Wochen galt der Mann mit Bart als haushoher Favorit. Schließlich hatte er mit seiner Partei schon Wahlergebnisse eingefahren, bei denen andere nur mit den Ohren schlackern konnten. Doch dann stolperte der selbsternannte Hoffnungsträger über seinen eigenen Wahlkampf – oder genauer: über ein Wahlvideo, das von einem Magazin produziert wurde, das irgendwo zwischen Kaffeefahrt und Reichsbürgerkongress rangiert. Gedreht wurde das Ganze auch noch auf einem Weingut, dessen Besitzer vermutlich erst beim Zeitunglesen erfuhren, dass ihre Rebstöcke als Statisten herhalten mussten.
Dazu gesellten sich Altlasten aus der rechtsextremen Mottenkiste. Selbst in der eigenen Partei war die Begeisterung eher so groß wie die Stimmung bei einer Steuerprüfung. Das Fazit der Wähler: „Danke, aber nein danke.“
Die Allianz der Vernünftigen
Der neue Rathauschef profitierte von einem „Amtsbonus“, der so dick war wie die Mauern der Albrechtsburg. Der scheidende Oberbürgermeister – 21 Jahre im Amt und somit quasi das lebende Inventar – hatte seinen Verwaltungsprofi als Nachfolger empfohlen. CDU, SPD, Linke und eine bunte Liste an Unabhängigen stellten sich brav hinten an. Ein politisches All-you-can-eat-Buffet, das am Ende die Mehrheit satt machte.
Und die FDP?
Tja, der Liberale mit den großen Hoffnungen und den kleinen Prozenten bekam immerhin einen Sitzplatz am Katzentisch der Geschichte. 11,07 Prozent sind in anderen Kontexten ein solides Ergebnis. Aber wenn man gegen Verwaltungsgiganten und Bartträger antritt, wirkt man am Ende wie ein Werbeprospekt im Altpapiercontainer: vorhanden, aber niemand liest es wirklich.
Meißen hat gewählt, und das Ergebnis ist so eindeutig wie ein Kaffeefleck auf weißem Porzellan: Der Verwaltungsapparat bleibt, der Bart ist Geschichte, und die FDP darf die Getränke holen.