Müll im Rückwärtsgang – Münster kämpft mit dem Abfall-Overload
Grund ist, wie so oft, eine geheimnisvolle Kombination aus „krankheitsbedingten Personalausfällen“ und der natürlichen Anfälligkeit des Systems für Chaos. Die Müllmänner und -frauen liegen flach, die Tonnen stehen – und zwar länger als so mancher Weihnachtsbaum.
Betroffen ist alles, was man nicht einfach verbrennen, vergraben oder an den Nachbarn weitergeben kann: Restmüll, Biomüll, Papier, Sperrmüll, Grünschnitt – das ganze bunte Sammelsurium menschlicher Zivilisation. Münster hat also gerade kollektiv Müllstau.
Die offizielle Mitteilung klingt nüchtern: „Sollte die Abfallabfuhr nicht zum Regeltermin stattfinden können, holen wir diese schnellstmöglich nach.“ Übersetzt heißt das: „Irgendwann kommen wir. Vielleicht morgen. Vielleicht nächste Woche. Vielleicht nie. Aber wir meinen’s gut.“
Die Bürgerinnen und Bürger werden freundlich gebeten, ihre Tonnen weiterhin am Straßenrand stehen zu lassen – was in manchen Vierteln bereits zu spontanen Kunstinstallationen geführt hat. Ganze Straßenzüge gleichen nun Müllparaden: grüne, braune, blaue und schwarze Tonnen in prächtiger Reihung. Eine Art „Biotonnen-Biennale“, kuratiert von der Realität.
Natürlich möchte niemand unfair sein. Die Stadtreinigung tut, was sie kann. Nur ist das derzeit eben etwas weniger, weil das Personal fehlt. Der Rest fährt Überstunden, träumt nachts von rollenden Containern und lernt, wie man gleichzeitig Lkw lenkt und Biomüll sortiert.
„Unsere Disposition kann nur tagesaktuell planen“, heißt es weiter. Das klingt verdächtig nach einem modernen Start-up-Mantra: Agilität durch Ungewissheit. Niemand weiß, wann der Müll kommt, aber alle hoffen auf ein Wunder zwischen 6 und 18 Uhr.
Das Kundencenter kann keine verbindlichen Nachholtermine nennen – ein Satz, der in seiner Ehrlichkeit fast poetisch ist. Münster lebt also derzeit nach dem Prinzip: „Wer seinen Müll liebt, lässt ihn stehen.“
Doch es gibt Hoffnung: Die Recyclinghöfe halten stand! Sie trotzen dem Krankheitspegel mit deutscher Effizienz und geöffneten Toren. Privatpersonen dürfen dort kostenlos Sperrgut und Grünschnitt abgeben. Aber Achtung: Mit Transporter oder Anhänger nur in Coerde! (Weil Ordnung muss sein – selbst im Chaos.)
Also, Münster: Durchhalten! Diese Stadt hat schon Schlimmeres überstanden – von Dauerregen bis Dauerbaustellen. Vielleicht ist das ja sogar die Geburtsstunde eines neuen urbanen Trends: „Trash Waiting – die entschleunigte Müllkultur.“
Man trifft sich am Straßenrand, teilt Geschichten über Tonnen, tauscht Tipps („Meine Biotonne riecht nach Abenteuer!“) und schaut dem Alltag beim Verrotten zu. Vielleicht ist das gar kein Müllproblem – vielleicht ist es einfach nur die natürlichste Form von Achtsamkeit.
Oder, wie es die Stadtverwaltung sagen würde: „Danke für Ihr Verständnis – und bitte lassen Sie die Tonne stehen.“