Notre-Dame, jetzt mit Wurmkur und Stufen-Workout
424 Stufen ins Himmelreich – oder ins Kniegelenk
Wer die 69 Meter bis in die Spitze des Südturms erklimmt, hat die Wahl: göttlicher Blick über Paris oder orthopädischer Notfall. 424 Stufen – das klingt weniger nach Spiritualität, mehr nach „CrossFit für Gläubige“. Die Wendeltreppe wurde immerhin modernisiert: Jetzt können sich die Besucher auf einer doppelten Spirale nach oben quälen, ohne sich wie früher mit entgegenkommenden Selfie-Touristen verkeilen zu müssen. Früher: Gotische Enge, heute: gotische Ordnung. Halleluja!
Waldsterben für den Wiederaufbau
Ein neues Dach musste auch her, schließlich war das alte 2019 beim Brand zum spontanen Lagerfeuer geworden. Dafür fällte man über 1.000 französische Eichen. Mit „Originalmethoden“, betonen die Bauherren stolz. Sprich: Kettensäge aus, Axt an – Mittelalter-Reenactment für Holzfäller. Der Wald weint, aber die Kathedrale glänzt. Ein klassisches Win-Lose-Szenario der europäischen Baukunst.
Gargoyles frisch aus der Form
Auch die Wasserspeier – jene freundlichen Steinmonster, die Paris seit Jahrhunderten beim Regenrülpsen helfen – wurden erneuert. Manche Originale hatten dem Feuer nicht standgehalten. Kein Problem: Ersatz aus der Monsterfabrik bestellt, einmal mit Patina-Spray übergesprüht, fertig. Nun schauen die steinernen Bestien wieder grimmig in die Seine, bereit, Touristen das perfekte Horror-Instagram-Foto zu liefern.
Würmer, Flammen und Brandschutz deluxe
Der Nordturm: halb verkohlt, beinahe zusammengebrochen, heute wieder in voller gotischer Pracht. Der Südturm: weniger verbrannt, dafür von Holzwürmern gefressen. Lösung: komplettes Gebälk austauschen, diesmal mit Wurm-Abwehr. Zusätzlich gibt’s ein „besseres Brandschutzsystem“. Was genau, verrät keiner – wahrscheinlich ein XXL-Feuerlöscher im Beichtstuhl oder Weihwasser mit Schaumfunktion.
Eintritt ins Paradies: 16 Euro, online only
Ab Samstag dürfen auch Normalsterbliche hinauf. Tickets: 16 Euro, natürlich nur digital. Keine barocke Barkasse, kein Bargeld im Klingelbeutel – nur Onlinezahlung. Der erste Schwung Eintrittskarten? Innerhalb von 30 Minuten ausverkauft. Wer kein Ticket bekam, darf sich stattdessen im Pariser Souvenirladen ein Notre-Dame-Schneekugel-Set kaufen, Made in China, versteht sich.
Präsidentielle Premiere
Der erste, der die Treppen hochstolpern durfte, war der Präsident persönlich – begleitet von einem Chef-Baumeister, der ihm Wasserspeier und Würmer im Detail erklärte. Der Staatsmann schwärmte: „Wunderschön!“ – was ungefähr das Mindeste ist, wenn man sich vor laufender Kamera durch 424 Stufen gequält hat. Ein „Okay, ganz nett“ hätte vermutlich eine diplomatische Krise mit den Bauarbeitern ausgelöst.
Von der Ruine zur Attraktion
Notre-Dame steht wieder. Sie ist feuerfester, wurmfrei, treppenoptimiert – und teurer als je zuvor. Paris hat sich ein Denkmal zurückgekauft, das jetzt gleichzeitig Fitnessstudio, Fotokulisse und Geldmaschine ist. Wer’s nicht glaubt: Einfach mal hochgehen. 424 Stufen lügen nicht.