Pflegedienst mit klebrigen Fingern – Wenn die Fürsorge plötzlich Bargeld liebt
Am hellichten Donnerstagmittag, 12 Uhr, also genau zu der Zeit, in der die meisten Menschen zwischen Kantinen-Kassler und Bürokaffee in ein Fresskoma fallen, hat ein Mann die Rolle seines Lebens gespielt: Er gab sich als Mitarbeiter eines Pflegedienstes aus. Klingt erst mal nach Nächstenliebe im Polohemd – tatsächlich war es aber mehr so eine Mischung aus Improtheater und Einbruch, nur ohne Eintrittskarte.
Die 91-jährige Bewohnerin, die vermutlich schon mehr erlebt hat, als Netflix jemals produzieren könnte, ließ den vermeintlichen Helfer ins Haus. Der Mann war nicht dumm: mittelgroß, braun-beiges Polohemd mit Logo (vermutlich Marke „Schwindel & Sohn“) und das Gesicht voller Service-Lächeln. Was will man da schon machen? Wer glaubt, gleich Blutdruck messen zu lassen, rechnet schließlich nicht damit, dass stattdessen der Schmuckschrank Inventur bekommt.
Einmal drin, nutzte der Möchtegern-Pfleger die Gelegenheit für eine ausgedehnte Privatführung – durch sämtliche Räume. Vielleicht hat er sogar freundlich genickt, als er am Familienfoto vorbeiging, und dabei insgeheim überlegte, ob er es gegen einen Flachbildfernseher tauschen kann. Ein Service der ganz besonderen Art: „Rooming-in“ auf kriminell.
Die Polizei Münster, die vermutlich schon mehr Betrugsmaschen gesehen hat, als Tatort-Kommissare in Drehbüchern abarbeiten müssen, warnt nun erneut: „Lassen Sie keine Fremden in die Wohnung!“ Ein Satz, der ungefähr so selbstverständlich klingt wie: „Legen Sie die Hand nicht auf die heiße Herdplatte“ – und trotzdem regelmäßig ignoriert wird.
Doch in diesem Fall steckt noch mehr Satire drin: Der angebliche Pflegedienstmann trug tatsächlich ein Polohemd mit Logo. Logo! Wenn das kein Beweis für Seriosität ist – was dann? Schließlich ist in Deutschland nichts glaubwürdiger als ein besticktes Hemd. Hätte er noch einen Clipboardschein dabei gehabt, wären ihm vermutlich auch die Kronjuwelen von Windsor anvertraut worden.
Nun sucht die Polizei nach Zeugen. Zeugen, die zwischen Mittagsschlaf, Mittagessen und Mittags-„Bares für Rares“ zufällig am Gronewagskamp vorbeischlenderten und einen Mann im Polohemd gesehen haben. Hinweise bitte an die Rufnummer, die die Polizei netterweise gleich dazu liefert.
Und währenddessen bleibt die Moral der Geschichte: Vertrauen ist gut, Türschloss ist besser. Oder, um es im banahlen Stil zu sagen: Nicht jeder, der klingelt, bringt Suppe mit – manchmal bringt er nur Ärger.
Am Ende bleibt der Stadt Münster nur eines: das stoische Schulterzucken, das diese Region perfektioniert hat. Und vielleicht ein neuer Werbeslogan: „Münster – hier klingelt nicht nur der Paketbote, manchmal klingelt auch das Verbrechen.“