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„Rente? Ich bleib noch ein bisschen“ – Deutschland im Generationen-Dämmerlicht

Deutschland steht vor einer gigantischen Abwanderungswelle – nicht ins Ausland, sondern in den Ruhestand. Ganze sieben Millionen Babyboomer werden bis 2039 die Werkbank, das Büro, die Pflegeeinrichtung oder den Lkw verlassen und sich auf den wohlverdienten Kampf mit der Steuererklärung der Rentner begeben. Jeder Dritte! Oder, wie die Wirtschaft sagen würde: ein Drittel Produktivität weniger, aber doppelt so viel Kaffeezeit im Seniorenpark.

Rente? Ich bleib noch ein bisschen

Doch die Regierung hat einen Plan – oder zumindest etwas, das auf einem Papier nach Plan aussieht: Wer freiwillig länger arbeitet, darf künftig bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen. Ein Traum! Endlich lohnt sich die Doppelschicht mit Rollator. Das nennt man Aktivrente. Klingt nach Power, nach Bewegung, nach... müden Gelenken mit Steuererleichterung.

Deutschland sucht den Super-Senior-Arbeiter
Doch Studien zeigen: Das wird wohl nicht reichen. Der typische Babyboomer träumt nicht vom zweiten Frühling im Großraumbüro, sondern von der Gartenliege, dem Wohnmobil und dem guten alten Satz: „Jetzt können die anderen mal.“ Laut einer Untersuchung wollen zwei Drittel schon vor 65 Jahren aufhören. Und das nicht, weil sie den Wecker so sehr hassen – sondern, weil sie’s sich schlicht leisten können.

Viele Unternehmen hingegen reiben sich verwundert die Augen: Da ruft man nach Fachkräften, findet aber keine, und gleichzeitig sitzen tausende erfahrene über 55-Jährige zuhause, weil man ihnen entweder keinen Job gibt – oder weil der Job einfach keinen Spaß mehr macht. Willkommen in Deutschland: Land der Fachkräftemangel-Romantik und Excel-basierten Realitätsverweigerung.

Tacker, Tee und Teamkultur: Warum Schweden länger durchhält
Schaut man nach Schweden, bekommt man direkt Lust auf Rente – äh, Arbeit. Dort gehen die Menschen im Schnitt drei Jahre später in den Ruhestand. Warum? Weil Arbeit dort offenbar nicht als Strafe, sondern als Lebenskonzept gilt. 30 Prozent der 65- bis 69-Jährigen arbeiten weiter – freiwillig! Und nicht, weil sie müssen, sondern weil sie wollen.
Dort sagen sie: „Arbeit hält mich jung.“ Hierzulande hört man eher: „Arbeit hält mich wach – aber nur mit Ibuprofen.“

Die Unterschiede? In Schweden gibt’s bessere Bildung, mehr Weiterbildung, mehr Mitbestimmung, und vor allem: Wenn ein Arbeitgeber seine Leute schlecht behandelt, steht plötzlich die Kontrollbehörde vor der Tür. In Deutschland hingegen steht da meist der Betriebsrat, seufzt und bittet um Geduld, weil „die nächste Sitzung erst in drei Wochen ist“.

Flexible Rente – oder: der Tanz um die Altersgrenze
Auch Experten aus Deutschland fordern mehr Flexibilität: Keine starre Altersgrenze, sondern ein Zeitfenster. Nicht müssen, sondern können. Also sinngemäß: Wer will, darf bleiben – wer nicht mehr kann, darf endlich gehen, ohne dass gleich das Finanzamt in Tränen ausbricht.

Klingt gut, aber dafür müsste man miteinander reden. Und genau das passiert selten. Viele Firmen wissen zwar, wann jemand in Rente geht – aber nicht, warum. Ein Gespräch über Alternativen? Fehlanzeige. Dabei könnten erfahrene Beschäftigte doch in ruhigere Tätigkeiten wechseln: weniger heben, mehr helfen. Aber nein – lieber ein Abschiedskuchen mit Marzipanlogo und der Satz: „Wir werden Sie vermissen.“

Deutschland braucht kein Rentensystem – sondern ein Arbeitssystem, das Freude macht.
Denn mit Steuerboni allein rettet man keine Motivation. Wer 40 Jahre lang durch Meetings, Schichtpläne und Excel-Hölle gegangen ist, braucht keine 2.000 Euro Steuerfreiheit – der braucht Sinn, Anerkennung und ergonomische Stühle.

Wenn wir also wollen, dass die Menschen länger arbeiten, sollten wir dafür sorgen, dass sie nicht schon mit 60 aussehen, als wären sie 90.
Oder, um es in einem Satz zu sagen:
Nicht die Rente muss später kommen – die Freude an der Arbeit muss früher anfangen.