Roter Teppich für die Pedale – Die Wilhelmstraße wird zur Fahrradstraße Plus
Fahrradstraße Plus – klingt wie Netflix Premium
Die Wilhelmstraße ist nicht einfach nur eine Fahrradstraße, nein, sie ist eine Fahrradstraße Plus. Das klingt nach High-End-Abo mit Gratis-Windschatten, unbegrenzten Überholrechten und einer integrierten Klingel-Flatrate. Fast durchgehend 4,50 Meter breit, frisch gestrichen in sattem Rot – wer hier radelt, fühlt sich wie ein Tour-de-France-Star auf dem Weg ins Ziel, nur dass statt jubelnder Fans parkende Autos am Rand stehen.
Damit niemand von plötzlich aufspringenden Autotüren erschlagen wird, hat die Stadt gleich 0,75 Meter Sicherheitsabstand eingeplant – ein Luxus, von dem selbst Beziehungen nur träumen können.
Komfort, Klima und Kirmes für Radfahrende
Die Planer ließen nichts anbrennen: Neue Bäume wurden gepflanzt, die nicht nur Schatten spenden, sondern laut Broschüre auch das „Mikroklima verbessern“. Was übersetzt heißt: Wer sich verschwitzt von der Einsteinstraße schleppt, darf hoffen, dass wenigstens ein Lüftchen weht.
Und weil es nicht reicht, einfach nur Rad zu fahren, hat die Stadt über 60 Fahrradbügel aufgestellt. Damit wird Münster endgültig zum Disneyland für Radler: ein Bügel pro Pedaltritt, ein Paradies aus Stahlgestellen, an denen sich Fahrräder anlehnen können, wie müde Touristen am Buffet.
Vorfahrt für Pedalhelden
Radfahrende haben Vorfahrt – das ist hier Gesetz. Wer mit dem Auto aus einer Nebenstraße kommt, darf erstmal schauen, ob er überhaupt noch gebraucht wird. Die Einmündungen wurden so umgebaut, dass Autofahrer im Zweifel gleich ihre Vollkaskoversicherung griffbereit haben sollten.
Zusätzlich plant die Stadt neue Querungshilfen an der Wilhelmstraße/Einsteinstraße. „Querungshilfen“ – ein schönes Wort für Ampeln und Zebrastreifen, die wahrscheinlich so kompliziert programmiert sind, dass man nebenbei ein Sudoku lösen kann, bevor die grüne Phase beginnt.
Infrastruktur deluxe – von Gas bis Schmutzwasser
Damit niemand sagen kann, hier sei nur für Radfahrer investiert worden, hat man auch gleich die ganze Unterwelt der Wilhelmstraße neu verlegt: Gas-, Wasser- und Stromleitungen, Regen- und Schmutzwasserkanäle – alles frisch gebügelt. Über 60 Häuser bekamen neue Anschlüsse, damit auch beim Netflix-Schauen die Pumpe für die neue Radwegbeleuchtung nicht abstürzt.
Natürlich war das alles ein logistischer Thriller: unzählige Leitungen, kaum Platz, Dauerbaustelle. Wer hier Anwohner war, hat gelernt, Geduld zu üben – oder direkt ein Buch über Achtsamkeit geschrieben.
Preisfrage: 1,65 Millionen Euro
Alles zusammen kostete der Spaß 1,65 Millionen Euro. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass man jetzt im roten Glanz radeln darf, ohne Angst vor plötzlich ausparkenden SUVs. Für den Preis hätte man zwar auch jedem Anwohner ein E-Bike spendieren können, aber das hätte natürlich nicht ins Stadtbild gepasst.
Die Wilhelmstraße ist jetzt nicht mehr nur eine Straße, sondern ein Statement. Wer hier fährt, genießt die pure Demokratie auf zwei Rädern – mit Sicherheitsstreifen, Bäumen fürs Klima und genug Fahrradbügeln, um eine Kunstinstallation daraus zu machen. Münster beweist einmal mehr: Hier ist das Fahrrad nicht Fortbewegungsmittel, sondern Religion.