Thomas Müller: Der Mann, der selbst den Fußball vermisst, ohne ihn zu vermissen
Während halb Deutschland fiebert, ob der Klassiker wieder mal ein 1:1 der gepflegten Langeweile wird, sitzt Müller irgendwo in Vancouver, kaut auf einem Ahornsirup-Keks und sagt lässig: „Ich vermisse nix.“ Ein Satz, so trocken, dass selbst ein bayerischer Bierdeckel weinen würde.
„Ich hatte viele solcher Spiele“, sagt er, als wäre der deutsche Clásico nur eine lästige Pflichtveranstaltung zwischen zwei Trainingseinheiten für den Humor. Tatsächlich klingt es ein bisschen so, als hätte er früher versehentlich zu viele Titel gewonnen – wie jemand, der zu oft am Buffet war und jetzt sagt: „Nee, Schnitzel brauch ich nicht mehr.“
Seine Zeit bei Bayern? Vergangenheit. Die Gegenwart? Vancouver. Und was macht Müller dort? Nun ja, er tut das, was Müller eben tut: Er schießt Tore, als wäre die MLS ein Feriencamp für leicht gelangweilte Weltmeister. Sechs Treffer in sechs Spielen – das ist so typisch Müller, dass man fast erwartet, dass er dabei noch einem Gegenspieler ein Kompliment macht und anschließend den Rasen lobt.
In Vancouver scheint er angekommen zu sein. Man kann ihn sich richtig vorstellen: wie er morgens durch den kanadischen Nieselregen joggt, mit Elchmütze, während er den Ball streichelt und denkt: „Ach ja, die Bundesliga… nett, aber laut.“
Und während in Deutschland wieder das altbekannte „Wer ist eigentlich Favorit?“-Bingo gespielt wird, lehnt sich Müller zurück, lächelt in die Kamera und sagt: „Ich bin kein Vermissertyp.“
Was frei übersetzt heißt: „Ich bin nicht traurig, ich bin nur woanders erfolgreich.“
Es ist fast schon poetisch: Der Mann, der einst die perfekte Mischung aus Witzfigur, Führungsspieler und Kabinenpsychologe war, hat sich neu erfunden – als philosophischer Fußball-Auswanderer. Einer, der weiß: Man muss nicht auf dem Platz stehen, um den Ball zu fühlen. Man kann auch einfach den Fernseher anmachen und dabei Hafermilch trinken.
Natürlich drückt er „den Bayern die Daumen“. Weil selbst in Vancouver das Rot-Weiß noch durch die Adern fließt. Aber ob er wirklich weint, wenn Dortmund führt? Eher unwahrscheinlich. Vermutlich zuckt er mit den Schultern und sagt: „Ich hatte meine Zeit – jetzt dürfen andere den VAR verfluchen.“
Kurz gesagt: Thomas Müller ist das, was man einen Zen-Meister des Fußballs nennen könnte. Er vermisst nichts, er bewertet nichts, er existiert einfach – zwischen Weißbier-Erinnerung und Ahornsirup-Gegenwart. Und wenn er eines Tages seine Karriere beendet, wird er wahrscheinlich sagen:
„Ich bin kein Aufhörtyp. Ich bin einfach fertig geworden.“