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Von Strommasten, Schnellbussen und schlaflosen Igeln – der Ausschuss tagt!

Es ist wieder soweit: Das Forum der Sparkasse in Warendorf wird am Freitagvormittag nicht zum Geldzählen genutzt, sondern zur höheren Kunst des politischen Feinmechanikerhandwerks – zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Mobilität und Planung. Wer jetzt denkt: „Das klingt nach grauen Tabellen, verlegten Stromleitungen und Sitzungsprotokollen, die nur ein Archivar lieben kann“, der unterschätzt die satirische Strahlkraft, die dieser Sitzung innewohnt. Denn kaum irgendwo sonst trifft die hohe Kunst der Verwaltungslyrik auf die tiefe Sehnsucht nach regionaler Weltrettung.

Von Strommasten, Schnellbussen und schlaflosen Igeln – der Ausschuss tagt!

TOP 1 & 2: Fragestunde und Verwaltungsbericht – die Ouvertüre im Sitzungskonzert

Los geht es wie immer mit der Fragestunde für Bürgerinnen und Bürger. Hier wird traditionell gefragt, was ohnehin niemand beantworten möchte. Direkt danach der Bericht der Verwaltung, der für gewöhnlich so aufregend ist wie das Vorlesen einer Waschmaschinen-Bedienungsanleitung – aber man muss ja auch die Dramaturgie bedenken: erst die leisen Töne, bevor die großen Opernarien folgen.

TOP 3: Stromnetzausbau – Hochspannung für alle 

Das erste richtige Highlight: der Stromnetzausbau von Westerkappeln nach Gersteinwerk. Klingt wie eine ICE-Verbindung, ist aber in Wahrheit eine Stromautobahn für 380 Kilovolt. Geplant ist die Inbetriebnahme 2034, also genau in dem Jahr, in dem wir alle endgültig unsere E-Autos per Muskelkraft antreiben, falls die Leitung doch nicht fertig wird.

Natürlich wird das Projekt von Amprion präsentiert – die Firma, die Strom nicht nur weiterleitet, sondern auch mit einer erstaunlichen Gelassenheit erklärt, dass eine Leitung durchs Münsterland nichts anderes ist als „ein Beitrag zur Netzstabilität“. Satirisch betrachtet: Netzstabilität klingt ungefähr so sexy wie „Schrankwand mit Lebensversicherung“. Aber immerhin – ohne Leitung keine Power fürs Netflixen im Homeoffice.

TOP 4: Integriertes Klimaanpassungskonzept – die Münsterländer Klima-Matrix

Weiter geht es mit dem „Integrierten Klimaanpassungskonzept“ für den Kreis und neun Kommunen. Integration ist hier nicht sozial gemeint, sondern meteorologisch: Man will den Regen in die Pflicht nehmen, die Sonne regulieren und die Hitze im Sommer zügeln. Kurz: Die Natur wird eingeladen, sich künftig bitte an PowerPoint-Präsentationen zu halten.

Der satirische Charme liegt darin, dass alle Beteiligten wissen: Das Klima macht eh, was es will. Aber es sieht einfach besser aus, wenn im Protokoll steht, man habe den Hitzetod planerisch vertagt.

TOP 5: Agri-Photovoltaik – Kühe unter Solardächern 

Der Kreis hat nun ein Konzept für Agri-PV. Klingt futuristisch, ist aber in Wahrheit eine simple Idee: Man baut Solarzäune und Dächer über Felder, sodass die Kühe im Schatten chillen, während oben die Kilowattstunden sprudeln.

Tatsächlich sind schon 12 Projekte auf 53 Hektar in Planung – quasi die erste Staffel der Reality-Serie „Big Sun Münsterland“. Die Verwaltung mahnt, dass die Anlagen „geringfügige Eingriffe in den Naturhaushalt“ haben könnten. Satirisch übersetzt: Die Lerchen müssen sich demnächst mit einer Dachgeschosswohnung zufriedengeben.

TOP 6: Betrauungsakt Münsterland e.V. – Verwaltungsdeutsch at its best 

Hier schlägt das Herz jedes Verwaltungsjuristen höher: „Verlängerung des Betrauungsaktes“. Schon das Wort ist ein literarisches Kleinod, halb Harry Potter, halb Steuerbescheid. Im Kern bedeutet es: Der Münsterland e.V. darf weitere zehn Jahre lang „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ erbringen. Übersetzt: Broschüren drucken, Imagefilme drehen und den Münsterländer Pickert als europäisches Kulturerbe anpreisen.

Natürlich alles streng nach EU-Beihilferecht – denn wo stünde Europa heute, wenn man die Zuschüsse fürs Münsterland nicht regelmäßig auf Beihilfeverträglichkeit prüfen würde?

TOP 7: Schnellbuslinie X100 – die Autobahn auf Rädern 

Die eigentliche Sensation: eine Schnellbuslinie von Osnabrück über Sassenberg und Warendorf nach Beckum. Der Bus soll X100 heißen – klingt nach einem Science-Fiction-Sprinter, ist aber ein stinknormaler Bus, der einfach nicht so oft anhält.

Der Fahrplan: Montag bis Sonntag, stündlich. Wer also jemals davon träumte, von Glandorf direkt nach Beckum zu kommen, ohne dreimal umsteigen und den Rosenkranz beten zu müssen – hier wird dieser Traum Realität.

Die Finanzierung hängt noch von Landesmitteln ab. Aber in Warendorf weiß man: Wenn das Land fördert, wird alles gut. Falls nicht, bleibt immerhin das gute Gefühl, einen „Korridor“ identifiziert zu haben.

TOP 8: Igelschutz – die Revolution im Vorgarten 

Ein Antrag, der Herzen schmelzen lässt: Der Kreis soll die Bürgerinnen und Bürger aufklären, dass Mähroboter nachts kleine Igel in Sushi verwandeln. Schon gibt es eine eigene Info-Seite im Internet.

Die Verwaltung lehnt allerdings eine Allgemeinverfügung zur nächtlichen Mähroboter-Sperre ab – mit der Begründung: „Nicht kontrollierbar“. Satirisch übersetzt: Man bräuchte eine Igel-Polizei mit Nachtsichtgeräten. Stattdessen setzt man auf freiwillige Einsicht – also darauf, dass Hobbygärtner nachts plötzlich empathisch werden. Ein kühner Plan!

TOP 9: Wappenkrieg – das Kreislogo als Wahlkampfwaffe 

Die Grünen haben mit scharfem Blick entdeckt, dass eine Partei auf dem Wochenmarkt Tütchen mit Saatgut verteilt hat – samt Kreiswappen auf der Rückseite. Jetzt will man wissen: Wer hat die Blumensamen freigegeben? Wer hat gezahlt? Und steht das Wappen ab sofort im Open-Source-Katalog zur freien Verwendung?

Man darf gespannt sein, ob künftig auch auf Grillwürstchen, Dackel-Windeln oder Wahlplakaten das Kreiswappen prangt. Satirisch wäre das ein genialer Schritt: Das Wappen als Sticker-Album fürs Wahlvolk.

TOP 10: Landschaftsplan – die nie endende Saga 

Und zum Schluss noch eine Anfrage, die so alt ist wie der Kreistag selbst: Was ist eigentlich mit den Landschaftsplänen von Oelde und Ennigerloh? Seit acht Jahren „in Bearbeitung“. Das klingt nach einem Dauerprojekt auf Netflix: „Landschaftsplan – Staffel 8: Immer noch nicht fertig“.

Die Verwaltung wird eine Antwort verlesen, die ungefähr so erhellend sein dürfte wie ein Nachtlicht im Nebel. Aber immerhin: Solange es keinen fertigen Landschaftsplan gibt, hat auch niemand das Gefühl, dass Landschaften tatsächlich geplant werden müssten.

Made in Warendorf

Diese Sitzung ist ein Kaleidoskop kommunaler Wundertaten: Hochspannung im Stromnetz, Hochglanz im Klimakonzept, Hochgefühl bei der Schnellbuslinie, und die hohe Kunst des Igelschutzes. Dazwischen viel Papier, viele Vorlagen und noch mehr gute Vorsätze.

Der Zauber liegt darin, dass alles gleichzeitig unfassbar wichtig und völlig absurd wirkt. Denn während im Forum der Sparkasse der Klimawandel, die Energieversorgung und die demokratische Symbolik des Kreiswappens verhandelt werden, wartet draußen vor der Tür ein Igel – hoffentlich ohne Mähroboter.