Wenn der Zug zu spät ist – lass ihn verschwinden!
Die Kunst der negativen Verspätung
„Ein Zug, der gar nicht fährt, kann sich auch nicht verspäten“ – klingt wie eine Binsenweisheit aus der Kaffeeküche, ist aber anscheinend gelebte Realität. Statt 45 Minuten zu spät in Frankfurt anzukommen, hört der ICE einfach in Köln auf. Für die Reisenden nennt sich das „kurzfristiger Personalausfall“. Für die Statistik hingegen ist es eine Wellnesskur: Zack – keine Verspätung mehr! Der Zug hat sich praktisch selbst aus der Verantwortung verabschiedet.
Köln, das Bermuda-Dreieck der Bahn
Besonders beliebt scheint Köln zu sein. Dort endet so mancher ICE unvermittelt – wie ein Fernsehkrimi in der Sommerpause: „Fortsetzung folgt – vielleicht, irgendwann, wenn die Quote es zulässt.“ Die Fahrgäste dürfen dann Regionalzüge bestaunen, die selbst Verspätungen von 13 Minuten noch als „pünktlich“ verkaufen. Aber hey, immerhin ist man in Köln. Das ist doch fast wie Frankfurt – nur ohne die Skyline und mit mehr Karneval.
Leerzüge auf Abenteuerfahrt
Die Krönung der Bahnlogik: Züge, die mit Fahrgästen zu viel Stress haben, fahren eben leer weiter. In einem Fall musste ein gestrandeter ICE sogar von einem anderen ICE abgeschleppt werden – quasi „Zug im Huckepack“. Für die Reisenden natürlich ärgerlich. Für den Bahn-PR-Sprecher hingegen ein Fest: „Das sind Überführungsfahrten, fester Bestandteil des Eisenbahnbetriebs!“ Ja klar – wie Pizza-Ränder bei einem Kindergeburtstag.
Zahlen, bitte!
Die offizielle Fernverkehrspünktlichkeit liegt bei 60 Prozent. Das heißt: Jeder zweite Zug ist zu spät. Aber keine Sorge – diese Zahl ist bereits optimiert, denn ausgefallene Züge tauchen gar nicht auf. Für die Statistik ist ein geplatzter ICE wie ein geplatzter Urlaubstraum: Er hat einfach nie existiert. Anders sieht es bei der „Reisendenpünktlichkeit“ aus – dort wird tatsächlich berücksichtigt, dass Menschen irgendwo stranden. Aber die wird auch nur mit einem freundlichen Schulterzucken veröffentlicht.
Schuld war nur der Chat
Gefährlich wurde es erst, als Chatnachrichten ans Licht kamen. „Zug fällt zur Verbesserung der Statistik aus“, schrieb da ein Bahn-Mitarbeiter. Panik im Konzern! Die Bahn ruderte zurück: „Nein, nein, das war missverständlich formuliert. Wir haben schon mit ihm gesprochen.“ Natürlich. Wahrscheinlich gab’s ein ernstes Gespräch mit anschließender Leerfahrt durchs Intranet.
Die Bahn als Quoten-Illusionist
Die DB hat das Prinzip „statistische Homöopathie“ perfektioniert: Verspätungen werden so stark verdünnt, bis nur noch ein Placebo bleibt. Und wer am Bahnsteig friert, kann sich damit trösten, dass er in einer Excel-Tabelle längst angekommen ist.
Denn: Ein Zug, der nie da war, ist immer pünktlich. Prost Statistik!