Wenn Fachkräfte fehlen, helfen PowerPoint-Folien
Der Rahmen könnte kaum glanzvoller sein: Ennigerloh, Industriestraße, Maschinenfabrik. Also exakt jener Ort, an dem man sich denkt: „Hier wird Zukunft geschrieben.“ Gut, vielleicht nicht die der Arbeitskräfte, aber immerhin die der Butterbrezel-Lieferanten.
Das Programm hat es in sich: Vier Vorträge, jeder mit so viel Buzzword-Potenzial, dass man sich schon beim Lesen fühlt wie in einem Escape Room aus Flipcharts.
Vortrag eins: „Gen Z: Wie wir die nächste Generation von Fach- und Arbeitskräften gewinnen und binden können“.
Übersetzung: Wie lockt man TikTok-Junkies in die Schichtarbeit? Vermutlich mit Tischkickern, veganen Snacks und der Option, im Bewerbungsgespräch gleich mal den Insta-Filter zu wählen.
Vortrag zwei: „Ansprechbar in der Krise – Hilfe ermöglichen, Vertrauen stärken“.
Hier wird vermutlich erklärt, wie man die Mitarbeitenden bei Laune hält, wenn die Kaffeemaschine wieder streikt oder die Geschäftsführung den zwölften Change-Prozess in drei Jahren ausruft. Vertrauensaufbau klingt nach Kuschelecke – realistisch ist es aber eher der Hinweis: „Bitte nicht schon wieder kündigen.“
Vortrag drei: „Effizienter Wissenstransfer in der digitalen Arbeitswelt“.
Klingt nach Science-Fiction, ist aber meistens: Ein Passwort im Intranet ablegen, das keiner findet. Effizienz bedeutet hier, dass man den Praktikanten bittet, ein Handbuch zu schreiben, bevor er nach sechs Wochen verschwindet.
Vortrag vier: „Erfolgreiches On- und Offboarding“.
Eine Hymne auf den reibungslosen Ein- und Ausstieg, als ginge es um Flugzeuge. In Wahrheit: Wie übergibt man den Laptop zurück, ohne dass IT und Personalabteilung drei Monate lang E-Mails austauschen müssen.
Der eigentliche Höhepunkt aber: Networking. Das bedeutet in Westfalen traditionell, dass man im Stehen eine halbe Frikadelle isst, den Nachbarn nach seinen Azubis fragt und hofft, dass man nicht aus Versehen auf der Mailingliste für „weitere spannende Events“ landet.
Natürlich gibt es auch Regeln: Anmeldung bis zum 11. September. Wer nicht kommt, zahlt 25 Euro Strafe. Das ist quasi die härteste Wirtschaftsförderungs-Maßnahme seit der Erfindung des Kaffeegutscheins. Immerhin: Man darf jemanden schicken. Vertretungspflicht beim Netzwerken – klingt fast nach Wehrdienst.
Die Organisatoren versprechen konkrete Werkzeuge für den Fachkräftemangel. Ob damit Schraubenschlüssel oder PowerPoint-Vorlagen gemeint sind, bleibt unklar. Sicher ist nur: Wer in vier Stunden nicht die Lösung für den globalen Arbeitskräftemangel findet, war wohl nicht aufmerksam genug.
Am Ende werden alle zufrieden nach Hause gehen: Die Referenten, weil sie ihre Folien recyceln konnten. Die Wirtschaftsförderer, weil sie wieder ein Event in die Pressemitteilungen schreiben können. Und die Unternehmer, weil sie immerhin einen Vormittag nicht im eigenen Büro sitzen mussten.
So sieht also die Zukunft der Arbeit aus: ein Mix aus Buzzwords, belegten Brötchen und der Hoffnung, dass irgendjemand aus der Gen Z doch noch Lust auf Frühschicht hat.