Wiesn, Wunder, Wampen – das 190. Oktoberfest ist eröffnet
Die Schulter des Schicksals
Noch vor Wochen munkelte man, ob seine „Anzapfschulter“ überhaupt noch tauge – schließlich war da eine mysteriöse Verletzung im Spiel. Aber keine Sorge: Schulter heil, Fass kaputt, Publikum glücklich. Zwei Schläge, ein paar Bierduschen – und schon war die Wiesn aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Man hätte fast ein Röntgenbild live auf die Leinwand werfen können, so sehr vibrierte die Stadt vor Spannung.
Tracht oder Tragödie?
Natürlich marschierten die Polit-Promis wieder im Partnerlook ein: Lederhosen so kurz, dass sie fast als Jogging-Shorts durchgehen könnten, dazu Dirndl, die auch im Schaufenster von „Bayern-Deluxe“ nicht fehlen würden. Alle jubelten, als wäre die Menschheit gerade kollektiv von allen Krisen befreit. Wobei – das ist ja auch irgendwie so: für 16 Tage gibt es keine Probleme, nur Bier, Brezn und Blasmusik.
Die große Frage: Wer bekommt die erste Maß?
Die erste Maß wanderte traditionsgemäß in die Hände des Ministerpräsidenten, der sich vorher noch schnell ein „bisschen Lebensfreude pur“ bestellt hatte. Obendrauf gab’s gleich zwölf Böllerschüsse – nicht als Warnung, sondern als offizielles „Zapfen frei!“ für alle Zelte. Man stelle sich das mal in Berlin vor: Statt Haushaltsreden einfach ein Dutzend Kanonen – und schon läuft die Bierpipeline.
Festzug Deluxe
Vor dem großen Moment stapften die Wirte und Schausteller in einem pompösen Umzug über die Theresienwiese. Vorneweg das Münchner Kindl, hoch zu Ross, so feierlich wie eine Mischung aus Heiligenbild und Markenbotschafterin. Dahinter Kutschen, Prachtgespanne und Wagen, auf denen die Bierfässer glänzten wie Kronjuwelen. Es fehlte eigentlich nur noch ein Kommentar: „Und hier sehen Sie die wahren Helden des Abends – die Hopfenlieferanten!“
Zahlen, Zahlen, Zahlen
Über sechs Millionen Besucher werden erwartet – so viele, dass selbst Google Maps irgendwann kapituliert. Der Rekord liegt bei sieben Millionen, was ungefähr bedeutet: Jeder bekommt sein eigenes kleines Biermeer zum Baden. Und jedes Jahr die gleiche Frage: Ist das noch Volksfest oder schon UNO-Generalversammlung mit Breznpflicht?
Das Ritual in Kurzform
- Einzug der Bier-Akrobaten.
- Fasskillen durch den Bürgermeister.
- Maß für den Landeschef.
- Zwölf Böllerschüsse für die Allgemeinheit.
- 16 Tage Dauerzustand „Feuchtfröhlich mit Aussicht auf Kater“.
Mehr Schaum als Politik
Das 190. Oktoberfest ist also eröffnet – mit zwei Schlägen, viel Schaum und noch mehr Symbolkraft. Während die Welt draußen über Krisen, Kriege und Klima grübelt, werden hier die eigentlichen Probleme diskutiert: „Hendl oder Schweinshaxe?“ und „Wie viel kostet die Maß diesmal wirklich?“
Kurz gesagt: München ist wieder im Ausnahmezustand. Aber einem friedlichen. Mit Blasmusik. Und sehr, sehr viel Bier.